Fair und nachhaltig: Nussproduktion und Veredelung bei fairfood Freiburg
Das Freiburger Food Startup Fairfood hat in seiner noch jungen Geschichte sicherlich schon die eine oder andere Portion Nervennahrung benötigt. Inwiefern dabei auf eigene Bestände zurückgegriffen wurde, ist nicht bekannt. Eine faire und nachhaltige Nussproduktion hat sich das Food Startup auf die Fahnen geschrieben. Für die Vergrößerung des Betriebes wurde dabei auf eine digitale Form der Finanzierung gesetzt. Wieso dabei keine Nervennahrung gebraucht wurde, liest du im folgenden Gastbeitrag von Tim J. Sauer von portagon .
Begonnen hat alles 2014 mit einem lokalen Anbau von Cashewnüssen in Nigeria. Die Weiterentwicklung seitdem ist beachtlich. Mittlerweile umfasst das Sortiment von fairfood Bio-Produkte von Erdnüssen, Mandeln und Macadamia, aber auch verschiedene Trockenfrüchte oder Nussmuse.
„Die Idee hinter fairfood Freiburg ist, dass wir hochwertige Bio-Ware fair produzieren und durch den Direktvertrieb in der Lage sind, sie günstiger als Wettbewerber anzubieten“, so der Gründer und heutige Geschäftsführer Amos Bucher.
Das Geschäft mit nachhaltig produzierten Nüssen liegt voll im Trend. Der Gesamtumsatz lag weltweit im Jahr 2018 bei 9,8 Milliarden Euro. Gegenüber 2004 ist das eine Steigerung um mehr als das 10-fache. Auch in Deutschland steigt die Nachfrage nach Nüssen und weiteren Bio-Produkten aus fairer Produktion. 2019 wurde laut Forum Fairer Handel ein Gesamtumsatz von 1,85 Milliarden Euro erzielt. Den größten Anteil daran hat hierzulande Kaffee, gefolgt von Südfrüchten, Textilien und Blumen.
Fairer Handel von Beginn an
Aber was genau bedeutet „fairer Handel“ eigentlich? Im Fokus liegt der Beginn der gesamten Lieferkette, also die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen am Ort der Produktion oder des Anbaus. Ihre politische und wirtschaftliche Situation wird gestärkt, was letztendlich auch zu einem gerechten Welthandel beiträgt.
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Gütesiegeln, welche den fairen Handel auch als solches kennzeichnen. Eines der vertrautesten ist das „FairTrade-Siegel“ der Fairtrade Labelling Organizations International (FLO). Auch das vergleichsweise neue Lieferkettengesetz soll den fairen Handel unterstützen.
Das Freiburger Unternehmen fairfood möchte mit Bio-Nüssen seinen Beitrag dazu leisten. Aber warum ausgerechnet Nüsse? Von Anfang an geplant war das auf jeden Fall nicht. Amos Bucher, einer der Gründer von fairfood, lernte 2014 in Konstanz Okey Ugwu kennen. In dessen Heimat Nigeria werden mit unter die größten Mengen an Cashewkernen produziert. Und das sind laut dem nigerianischen Landwirtschaftsministerium pro Jahr ca. 120.000 Tonnen. Mehr als die Hälfte der Cashewbäume (rund. 60%) befinden sich dabei im Besitz von kleinen Farmern. Diese gehen beim weiteren Handel allerdings oft so gut wie leer aus, da die überwiegende Menge der Nüsse direkt abtransportiert wird, anstatt sie vor Ort weiter zu verarbeiten.
Wertschöpfung im Ursprungsland
In Bezug auf einen gerechten Welthandel (Quelle: Forum Fairer Handel) ist die weitere Verarbeitung von Erzeugnissen auch eines der Hauptprobleme. Findet diese nicht im Ursprungsland statt, ist dort auch keine weitere Wertschöpfung möglich. Folglich bleibt es bei einer sehr geringen Marge für die Erzeuger.
Hier möchte fairfood Freiburg ansetzen: „Wir beziehen unsere bio-zertifizierten Nüsse und Früchte direkt von Fairtrade-Produzent:innen, die diese direkt im Anbauland verarbeiten“, sagt Amos Bucher. Für die Produktionsschritte in Nigeria bedeutet das: rösten, knacken, backen und peelen der Cashewnüsse geschehen direkt vor Ort. Dadurch entstehen auch mehr Arbeitsplätze.
Ein ganzheitlicher Ansatz für eine faire Wertschöpfungskette
Alle Angebote im Online-Shop von fairfood Freiburg, in Unverpackt-Läden oder im Bio-Lebensmitteleinzelhandel, werden zunächst vor Ort im Anbauland durch die Produzent:innen verarbeitet. In Freiburg werden die Nüsse anschließend nochmals sorgfältig geröstet. Je nach Produkt und Bestellung werden sie danach gemischt und in ein Pfandglas abgefüllt. So entsteht eine nachhaltige und vor allem faire Wertschöpfungskette.
Diesen Ansatz beschränkt fairfood Freiburg nicht nur auf ihre Produktion in Nigeria. Macadamia kommen aus Kenia, Mangos werden in Burkina Faso angebaut, die Mandeln stammen aus Palästina und aus China werden Erdnüsse importiert.
Die eigene Community als Investoren
Mittlerweile ist aus der anfänglichen Idee ein Unternehmen mit über 30 Mitarbeiter:innen geworden. Produktion, Logistik und Vertrieb wurden professionalisiert und tragen zum weiteren Wachstum bei. Dieser musste aber auch mit finanziellen Mitteln gedeckt werden. Ein Bankkredit oder ein klassisches Darlehen wurden aber bereits in Anspruch genommen.
Durch ihre Grundidee von fairen Lebensmitteln konnte fairfood Freiburg aber schon immer auf eine große Community bauen. Es kam der Gedanke, diese Community für die digitale Finanzierung zu aktivieren. „Das gibt uns die Chance, unser Wachstum mit unseren langjährigen Kund:innen und Freund:innen zu teilen“, so Bucher. Das eigene Netzwerk wurde also für eine digitale Finanzierung mittels Crowdinvesting aktiviert. Mit dessen Hilfe sollte das Projekt „Nussküchen“ finanziert werden.
Kapitalzugang für junge Unternehmen oft erschwert
Für Startups in Deutschland ist der Zugang zu Kapital oft erschwert. Schnelles Wachstum erfordert meist hohe Investitionen, was sich auch in der Bilanz niederschlägt: „Am Ende des Jahres bleibt wenig Überschuss“, sagt Bucher. Eine zusätzliche Finanzierung über den klassischen Weg ist für viele junge Unternehmen dann oft nicht mehr möglich.
Obwohl fairfood Freiburg seinen Umsatz seit 2015 jedes Jahr verdoppeln oder gar verdreifachen konnte, blieb der Kapitalzugang schwierig. Mögliche Alternativen können hier digitale Finanzierungsmodelle sein, mit deren Hilfe Startups am Kapitalmarkt teilnehmen können, um ihr Wachstum voranzutreiben.
Erfolgreiche Crowdinvesting-Kampagne für fairfood
Über Crowdinvesting sammelte fairfood Freiburg Mezzanine-Kapital ein. Dieses wird in der Bilanz als wirtschaftliches Eigenkapital ausgewiesen. Somit wird auch das Vertrauen von Banken gestärkt, wenn es um weitere Kreditanfragen geht. „Die Finanzierung ist für junge Unternehmen in einer Wachstumsphase einer der kritischsten Punkte“, erklärt Bucher.
Für die eigenen Crowdinvesting-Kampagne erstellte fairfood Freiburg eine eigene Fundingpage. Dort wurden sämtliche Informationen über das Investitionsvorhaben transparent aufgelistet. So können Anleger:innen sich genau erkundigen, für welche Zwecke das von ihnen investierte Kapital verwendet wird.
Ein „Schmankerl“ im wahrsten Sinne des Wortes gab es ebenfalls noch. Anstatt für die gewöhnlichen Jahreszinsen, konnten sich Anleger:innen auch für sogenannte Nusszinsen entscheiden. Das sind Gutscheine für Produkte von fairfood in Höhe von jährlich 5% der investieren Stumme. So entstand ein zusätzlicher Anreiz, dass aus Investor:innen von heute, Kund:innen von Morgen werden.
Dank digitaler Finanzierung zur neuen Nussküche
Durch ihren Ansatz mit den Nusszinsen, einer klaren Kommunikation der eigenen Ziele und der richten Ansprache ihrer Community, konnte fairfood Freiburg in kurzer Zeit über 400.000 EUR an Kapital einsammeln. „Wir waren vom Feedback überwältigt“, so Amos Bucher begeistert.
Dank der digitalen Finanzierung konnte fairfood Freiburg die erste eigene Nussküche aufbauen. Geplant sind außerdem eine Ausweitung im Lebensmitteleinzelhandel. So kommt man dem eigenen Ziel näher, dass irgendwann nur noch Nüsse zu kaufen gibt, in deren Lieferkette alle Beteiligten fair behandelt werden – und das am liebsten plastikfrei.
Begleitet wurde fairfood bei der digitalen Finanzierung von portagon, die auch im Januar beim crowdfoods Best Practice Talk mit dabei waren. Das Fintech aus Frankfurt stellte mit seiner Software die technische Infrastruktur für die Crowdinvesting-Kampagne zur Verfügung.
Ein kurzer Überblick über die Geschichte von fairfood mit wertvollen Insights findet sich hier bei portagon. Mehr Informationen zur digitalen Finanzierung und drei Case Studies, wie andere Firmen die digitale Finanzierung erfolgreich für ihre Projekte eingesetzt haben, finden sich hier in in diesem Whitepaper von portagon.
Transparenzhinweis: Dies ist ein Gastbeitrag unseres Mitglieds portagon. crowdfoods Mitglieder haben die Möglichkeit, regelmässig Fachbeiträge in unserem Magazin zu veröffentlichen. Bildnachweis: portagon Blog / fairfood Freiburg
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